Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung in Montabaur |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | Peter Hoffmann (KV Trier), Petra Kewes (KV Trier), Bernhard Hügle (KV Trier), Anja Reinermann-Matatko (KV Trier), Ole Seidel (KV Trier), Johannes Wiegel (KV Trier), Christa Jessulat (KV Trier), Michael Lichter (KV Trier), Thorsten Kretzer (KV Trier), Katja Siebert-Schmitt (KV Trier), Rainer Landele (KV Trier), Corinna Rüffer (KV Trier); |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 16.02.2019, 18:18 |
A-2: Kitas in Rheinland-Pfalz - Gerechtigkeit, Inklusion und Qualität
Antragstext
Frühkindliche Bildung und Erziehung haben zurecht einen hohen und steigenden
Stellenwert in unserer Gesellschaft. Ein steigendes Bewusstsein für Qualität und
ein gesteigerter Betreuungsbedarf führen zu höheren Anforderungen an Kitas,
Träger und Kommunen. Die gute Qualität der Kitas in RLP, die zunehmende
Beitragsfreiheit und insbesondere die hohe Qualität der von den Erzieher*innen
geleisteten Arbeit führt zu einer hohen Nachfrage. Kommunen und Träger müssen
immer größere Anstrengungen leisten um dies, trotz vielerorts klammer Kassen zu
realisieren. In der Realität finden sich jedoch zwischen den Kommunen große
Unterschiede.
Novellierung ist zu begrüßen
Das aktuelle Kitagesetz stammt aus dem Jahr 1991. Die Novellierung ist daher
notwendig und wird von allen begrüßt. Nach über 30 Jahren haben sich die
Voraussetzungen und die Ansprüche an frühkindliche Erziehung erheblich geändert.
Dies muss sich in einem neuen Gesetz widerspiegeln.
Die Erhöhung der Ausgaben, der Abbau von regionalen Disparitäten, die Stärkung
der Elternbeteiligung sind und andere Verbesserungen sind gute Voraussetzungen,
um die Erziehung auf den richtigen Weg zu bringen.
Grüne Bildungspolitik ist gerecht, kindorientiert und inklusiv
Wir Grüne haben uns immer für eine Bildungspolitik eingesetzt, die niemanden
ausschließt, weder aufgrund finanzieller Möglichkeiten, der Herkunft oder
Behinderungen. Grüne Bildungspolitik orientiert sich an den Bedürfnissen der
Kinder und sorgt dafür, dass die räumlichen und personellen Voraussetzungen
erfüllt sind. Gebäude in gutem Zustand, gut ausgebildete und fair bezahlte
Erzieher*innen und Eltern, die einbezogen werden und sich beteiligen können sind
für uns die Grundlage einer modernen und erfolgreichen Bildungspolitik.
Grüne Handschrift im Gesetzentwurf muss deutlicher sichtbar sein
Die Grüne Handschrift im Gesetz ist dementsprechend sichtbar. Die Kritik vieler
Verbände und Träger und Zigtausend Unterschriften von Kitapersonal und Eltern
zeigen jedoch, dass sie sich noch mehr Grün im Gesetzentwurf wünschen.
Betreuungsschlüssel, Finanzierung, Trägervielfalt und Elternbeteiligung sind die
zentralen Punkte, an denen im Gesetzentwurf nachgebessert werden muss. Unsere
Grüne Landtagsfraktion hat in öffentlichen Stellungnahmen diese Kritik
aufgenommen und angekündigt, sich für wichtige Änderungen einzusetzen. Dies wird
ausdrücklich begrüßt und durch diesen Antrag unterstützt.
Betreuungsschlüssel
Die bisher komplizierte Gruppenpersonalbemessung wird durch eine einheitliche
Platzpersonalbemessung abgelöst. Damit einher geht die Absenkung der für die
Bemessung relevanten Altersgrenze von U3/Ü3 auf U2/Ü2, was die
Betreuungsrelation tatsächlich verschlechtert. Dies verdeutlichen die für die
jeweiligen Altersgruppen vorgesehenen Vollzeitäquivalente (VÄ):
0,263 VÄ je Platz für Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres = 3,8 Kinder
pro Erzieher*in
0,091 VÄ je Platz für Kinder ab dem 2. Lebensjahr bis Schuleintritt = 11 Kinder
pro Erzieher*in
Durch diese Verschiebung verschlechtert sich das Betreuungsverhältnis der
Zweijährigen erheblich und somit auch das Betreuungsverhältnis insgesamt.
Insbesondere das Betreuungsverhältnis der Kinder ab dem 2. Lebensjahr ist aus
pädagogischer Sicht unzureichend und muss verändert werden. Die
Betreuungsrelation soll sich an den von der GEW oder der Bertelsmann Stiftung
gemachten Vorschlägen orientieren:
GEW:
1:2 für Kinder von 0-1 Jahren
1:3 für Kinder von 1-3 Jahren
1:8 für Kinder von 3-5 Jahren
Bertelsmann Stiftung:
1:3 für Krippenkinder (0-2 Jahre)
1:7,5. für Kindergartenkinder (3-5)
Die Landesregierung möchte 62 Mio. Euro zusätzlich in die Kitaerziehung
investieren. Allein zur Umsetzung des angemessenen Vorschlages der Bertelsmann-
Stiftung bräuchte es laut der Stiftung 208 Mio. Euro. Dies zeigt, dass die
geplante Finanzierung nicht ausreichend ist.
Ein möglicher Ausgleich über Sozialraum- und Entwicklungsbudget ist kritisch zu
sehen, da einige Kitas dadurch benachteiligt werden könnten, insbesondere in
Kommunen, in denen heute ein vergleichsweise guter Betreuungsschlüssel
existiert. Die Budgets dürfen auf keinen Fall festgeschrieben sein, sondern
müssen an die allgemeine Preissteigerung und Kostenentwicklung gekoppelt werden.
Zudem ist der gute Ansatz, Leitungsanteile mit einem Personalschlüssel zu
berücksichtigen zu gering bemessen. Grundsätzlich soll einer Einrichtung 0,128
VÄ zustehen, zusätzlich 0,005 VÄ pro 40 Stunden wöchentliche Betreuungszeit. Das
bedeutet, dass für eine voll freigestellte Leitung ca. 6.900 Betreuungsstunden
erforderlich sind. Das entspricht 150 Ganztagsplätzen oder einer Kita mit 6
Regelgruppen a 25 Plätzen. Die Realität in den meisten Einrichtungen sieht
anders aus. Der tatsächliche Aufwand muss berücksichtigt werden, das
Leitungsdeputat höher sein.
Ein weiteres Problem ist die Vorgabe zur Erfüllung einer 92%-Belegung mit
Erstattungsverpflichtungen bei Auslastungsunterschreitungen. Viele Einrichtungen
können diese nicht erreichen, aber nicht aus Unwillen sondern wegen zahlreicher
anderer Gründe. Im Falle einer ungewollten Unterschreitung werden Träger und
Kosten mitbedenkt damit verbundenen finanziellen Belastung allein gelassen.
Die Inklusion von Kindern mit Behinderung ist eindeutig zu begrüßen. Das Gesetz
muss hierfür Möglichkeiten für ggf. benötigtes Personal vorsehen.
Elternbeteiligung
Die Elternbeteiligung stellt einen wichtigen Aspekt der pädagogischen Arbeit
dar. Die Arbeit in den Kitas muss den Eltern transparent gemacht werden und es
müssen ihnen Teilhabe- und Einflussmöglichkeiten geboten werden. Die erweiterten
Beteiligungsmöglichkeiten sind daher zu begrüßen. Die zusätzliche Gründung eines
Beirates stellt jedoch eine zusätzliche unnötige organisatorische Belastung dar.
Die zusätzlich vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten sollen daher den bereits
bestehenden Elternausschüssen übertragen werden. Diese sind von allen Eltern
gewählt und werden von diesen als Vertretung aller Eltern betrachtet.
Gesundes Essen
Der Gesetzentwurf beinhaltet richtigerweise einen Anspruch auf 7 Stunden
Betreuung. Dadurch wird die Mittagsverpflegung eine steigende Bedeutung
erlangen. Hier muss sichergestellt werden, dass die Mittagsverpflegung eine sehr
gute Qualität hat und eine gesunde, ausgewogene Ernährung ermöglicht. Als
Vorbild kann hier bspw. das Modell der Gesundkita betrachtet werden.
Kommunen müssen bei durch das Gesetz notwendigen Investitionen z.B. in
Frischküchen unterstützt werden.
Investitionen
Die Kommunen in RLP haben die Kitabetreuung in den letzten Jahren erheblich
ausgebaut und massiv in den Bau entsprechender Gebäude investiert. Die Kommunen
müssen jedoch beim zukünftigen Ausbau stärker unterstützt werden.
Trägervielfalt
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass 44,7% der zuwendungsfähigen Personalkosten in
kommunalen Einrichtungen und 47,2% der zuwendungsfähigen Personalkosten in
Einrichtungen anerkannter freier Träger durch Zuweisungen des Landes erstattet
werden. Viele kleine Träger brauchen höhere Zuwendungen um bestehen zu können.
Allerdings gibt es auch einige große Träger mit professionellen Strukturen, die
durch unterschiedlichen Zuwendungen ggü. kommunalen Trägern begünstigt werden.
Problematisch ist hier insbesondere die Situation bei kirchlichen Trägern. Hier
werden Bewerber*innen nicht-christlichen Glaubens systematisch diskriminiert, da
sie häufig keine Chance auf Einstellung haben oder bei Verstößen gegen die
Vorstellungen des Trägers (z.B. Heirat nur auf dem Standesamt aber nicht in der
Kirche, erneute Heirat einer geschiedenen Person etc.) eine Kündigung fürchten
müssen. Eine solche Diskriminierung wird von Grünen nicht mehr geduldet. Diese
Überzeugung muss im Gesetzentwurf berücksichtigt werden.
Begründung
Begründung erfolgt mündlich
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